Mint Magazin
Im Sommer 2018 führte das Mint Magazin im Rahmen des Vinyl-Reports Rheinland ein Interview mit Sally Records Inhaber Gunnar Beckers. Hier das ungekürzte Interview:
- Seit wann gibt es das Geschäft?
Halloween 2015 war die Eröffnungsfeier.
- Was waren deine Beweggründe, ins Plattengeschäft einzusteigen?
Ich wurde schon in meiner Kindheit durch meinen Vater mit dem Vinylsammelvirus infiziert und hatte in der Grundschule schon eine verhältnismäßig große Sammlung an Märchen- und Hörspielplatten. Diese Liebe zum Vinyl hat nie nachgelassen und der Wunsch des eigenen Plattenladens war schon länger da. Ich arbeite hauptberuflich als Betreuer in einem Heim für Menschen mit geistiger Behinderung. Das sehe ich als meine Berufung an und würde ich für keinen Plattenladen aufgeben. Aber irgendwann war der Zeitpunkt gekommen, um sich zusätzlich den Wunsch des Plattenladens zu erfüllen. Das war die Geburtsstunde von Sally Records. Nun mache ich beides, arbeite in Teilzeit in meinem Hauptberuf und betreibe zusätzlich mit Unterstützung durch Freunde und Familie Sally Records.
- Was bietest du an, was sind deine Spezialitäten? Handelt es sich um Neuware oder Second Hand/Vintage?
Ich habe zum größten Teil Second Hand Platten im Angebot, aber auch ausgewählte Neuware. Ich bin auf kein Genre reduziert. Bei mir gibt es, bis auf Rechtsrock, Bootlegs und Counterfeits, so gut wie alles. Von Cheapos für sehr kleines Geld bis zu gesuchten Raritäten. Neben Vinyl auch CDs und DVDs und eine Ecke mit Spielzeug. Mir wurde schon häufiger gesagt, dass die Preise sehr fair seien.
- Bietest du auch per Internet (Discogs etwa) an? Warum (nicht)?
Ja. Wobei dort nur ein Bruchteil der Platten aus dem Sortiment angeboten wird. Am liebsten habe ich Kundenkontakt und verkaufe die Platten im Laden. Und mir fehlt auch ein bisschen die Zeit für das Online-Geschäft.
- Was hat es mit den Lego-Artikeln auf sich?
Der mit Abstand größte Teil meines Sortiments besteht aus Schallplatten. Aber zusätzlich gibt es im Laden auch eine Second-Hand-Spielzeugecke.
Hinter der Second-Hand-Spielzeugecke steckt die Idee eines Art Familienplattenladens. Ich wollte einen Laden, der halt nicht nur homogenes Publikum zieht, also den typischen Plattensammler, männlich, Anfang/Mitte 50, um mal das Klischee zu benutzen, sondern auch Frauen, Kinder, Familien. Ich mag das sehr, dass mein Laden sehr heterogenes Publikum hat. Bei uns wühlt der Papa in den Plattenkisten, während die Tochter sich ein Schleich-Tier aussucht, daneben fachsimplen andere Kunden über Hip Hop-Platten und die Oma kauft gerade für ihre Enkel Playmobil-Figuren und wieder jemand anderes möchte einen Stapel Platten gegen Duplo für den Nachwuchs tauschen. Bei mir im Laden geht es generell ziemlich familiär zu. Wenn ich mal nicht kann, springen z.B. meine Geschwister ein und schmeißen den Laden. Zu den Events im Laden bringen Kunden und Freunde Kuchen usw. mit, der dann an alle verteilt wird. Bei der letzten Weihnachtsfeier gab es z.B. selbstgemachten Eierlikör. Bei schönem Wetter sitzt man nach Feierabend mit Kunden auch mal vorm Laden und trinkt zusammen ein Bier. Mir geht es bei dem Laden halt nicht einfach nur ums Plattenverkaufen, das könnte ich auch im Internet machen.
- Was mit der schwarzen Katze?
Ich liebe neben Vinyl auch Katzen. Im Laden hängen nicht nur jede Menge Platten mit Covern auf denen Katzen sind, sondern es wohnen auch 2 Katzen dort. Chefin Sally, nach der der Laden benannt ist, und Lucy. Die beide kommen aus dem Tierheim und von einem Katzenschutzverein.
Der Laden besteht aus zwei Etagen. In der oberen befindet sich die Verkaufsfläche und in der unteren die Katzenruhezone, zu der Kunden keinen Zutritt haben, damit die beiden die Möglichkeit haben sich zurückziehen zu können. Was beide aber kaum machen, da sie sehr neugierig und menschenbezogen sind. Das Ganze ist vom Veterinäramt und dem Katzenschutzverein abgesegnet und natürlich kümmern wir uns unabhängig von den Ladenöffnungszeiten um die beiden.
- Welche Erfahrungen hast du mit dem Standort in Lindenthal gemacht?
Sicher gibt es günstigere Standorte für einen Plattenladen. Lindenthal ist ja eher bekannt für Stadtwald, Melaten-Friedhof und Tierpark als für Plattenläden. Dafür ist der Laden aber perfekt geschnitten für das Konzept mit den Katzen. Mittlerweile habe ich viele Stammkunden, die regelmäßig auch von weiter weg kommen.
- Wie erlebst du das "Vinyl-Revival"?
Finde ich schön, dass jüngere Leute Vinyl für sich entdecken und ältere wieder auf den Geschmack kommen.
- Wo siehst du dich und Sally Records in fünf Jahren?
Weltweite Filialen mit Plattenläden in denen heimatlose Katzen wohnen dürfen. Spaß beiseite. Da mache ich mir keine Gedanken drüber, was in 5 Jahren ist. Da kann so viel passieren. Aber solange ich Freude an der Sache habe und der Laden sich trägt, wird es Sally Records wohl hoffentlich noch geben.